- Männerträume und andere Sehnsüchte
- Der Bote Nürnberger Land - 21.10.2013
- "Sinnliche Geschichten zwischen Traum und Wirklichkeit" - Das war das Motto am Freitagabend im Zeidlerschloß
FEUCHT - Der Kulturkreis und die Gemeindebücherei hatten die Geschichtenerzählerin Ulla Konold eingeladen. Das gut besetzte Schloß bot einen sehr stimmungsvollen Rahmen für die Geschichten über erotische Sehnsüchte.
Denn Ulla Konold machte von Anfang an klar, um was es ihr hauptsächlich geht, nämlich um Sinnesfreude und Zärtlichkeit. Und nicht um schnelle Befriedigung oder den One- Night-Stand, die in unserer sexistischen, schein-sinnlichen Welt so hoch im Kurs stehen. Ihr Credo in diesem Zusammenhang lautete: "Fast-Food" verdirbt den Magen und permanentes "Zuviel" führt zu überdruß.
Die Märchenerzählerin aus Nürnberg, die bereits im letzten Jahr mit ihrem M&auuml;rchenabend verzaubert hatte, erzählte - paßend zum Thema - in verführerischer Garderobe hauptsächlich aus dem großen Fundus orientalischer Märchen. Stimmungsvolles Kerzenlicht und der Klangbaum mit seinen 54 Saiten, der von Konold zwischen den einzelnen Geschichten "gestreichelt" wurde, schufen die entsprechende Atmosphäre.
Schon die erste Geschichte offenbarte eine weit verbreitete Schwäche der Männer, die nämlich den allzu oft erfundenen und übertriebenen Berichten ihrer Geschlechtsgenoßen glauben, wenn diese über ihr ausuferndes Liebesleben berichten. Konolds Rat hierzu lautete: Weg von der "Traüm-Orgasmus-Torte", mehr Sensibilität und vor allem mehr Zeit füreinander. Dies lehre schon das Kamasutra, das große indische Erotik-Lehrwerk.
Erotik als Lebenshilfe
Erwartungen an den Partner sollten nicht zu hoch geschraubt werden, denn dann werde die Erfüllung auch wahrscheinlicher. Und dabei sei das Streicheln nicht hoch gen&ug einzuschätzen und das miteinander Reden von wirklich elementarer Bedeutung.
Doch auch die humorvollen Aspekte der Thematik kamen nicht zu kurz, wenn sie zum Beispiel die Schöpfungsgeschichte berichtigte. Denn laut ihrer Faßung war Eva zuerst entstanden. Da sie unzufrieden und ihr langweilig war, versprach Gott Abhilfe. Dabei seien ihm bei der Erschaff&ung Adams unter Zeitdruck aber ein paar Fehler unterlaufen. Deshalb hatte er Eva auch gewarnt: Der Mann sei zwar stärker und größer und ihre körperlichen Bedürfniße könne er erfüllen. Aber er würde sie belügen und betrügen, hätte leider keinen Humor und sei überaus eitel.
Dass auch Frauen Schwächen haben, das verschwieg die Erzählerin zwar nicht, aber mit den Attributen "ungeduldig" und "unzufrieden" schnitten sie doch irgendwie besser ab. Die Männer im Publikum nahmen es mit Humor und gelaßen hin. Sie waren offenbar mit einer gewissen Leidensfähigkeit ausgestattet.
Ein erzählerischer Ausflug ins hoch gelegene "Tal der Schmetterlinge" endete mit der Erkenntnis, dass die schönsten "Schmetterlinge" oft unter großer Mühe in weiter Ferne gesucht, zu Hause aber leider missachtet würden.
Konold widmete sich bei ihrer Erotik-Lebenshilfe noch einem weiteren großen Problemfeld im Verhältnis von Mann und Frau, dem Sprachproblem. Denn ohne miteinander zu reden und zwar so, dass beim anderen auch etwas ankommt, würden Beziehungen leer und lebens- und damit auch liebesfeindlich.
Abstand vom Immer-Mehr
Ihr eindringlicher Apell am Ende der zweistündigen Reise durch die Welt der Liebe und der Erotik: "Nehmen Sie sich Zeit und Abstand vom Immer-Mehr-Immer-Weiter des schönen Scheins unserer Werbe-Welt." Denn die egozentrische Hetze, eine der schlimmsten Krankheiten unserer Zeit, lässt uns nicht erkennen, was für uns wirklich wichtig ist - und frißt uns am Ende auf.
Erich W. Spiess
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