- Die Seele sprechen lassen Geheimnis der Faszination von Märchenerzählerin Ulla Konold
- Harald J. Munzinger - Fränkischer Landeszeitung Neustadt/Aisch - 20.April 2007
- Warum forderten die Zuhörer nicht mit enthusiastischem Applaus eine Zugabe? Ute Rauschenbach, Initiatorin der Literaturreihe des Fränkischen Freilandmuseums, mochte den eher verhaltenen Beifall nach einer faszinierenden Märchenstunde nicht so recht verstehen. Die Erklärung kam aus dem Publikum, das noch geraume Zeit brauchte, um aus der "anderen Welt" in die Realität der Kräuterapotheke zurückzukehren, aus der Ulla Konold nach "Fantasia" entführt hatte.Das ist überall dort, wo sich wundersame Dinge ereignen und erzählt werden. Etwa im Orient, wo eine der Geschichten in einer Karawanserei "belauscht" wurde. Wie in der zweiten aus einem Kaiserpalast drehte sich mystisches Geschehen um Blumen als Metaphern der Sprache des Herzens.
Von drei Scheichs mochte nur der Jüngste ergründen, was es mit der Warnung des sterbenden Vaters auf sich hatte, auf keinen Fall durch das Südtor und schon gar nicht nah Westen zu reiten. Ein überdimensionales, gelbes Vergissmeinnicht trieb sein Spiel mit dem unerschrocken-neugierigen Reiter, bis dieser auf jenen Riesen traf, dem die beiden Brüder zum Opfer gefallen waren, den er aber bezwingen und damit einen Bann lösen konnte.
In den war eine junge hübsche Frau durch eine Verfehlung geraten, die tagsüber Pflanze, nachts Mensch sein sollte. Nach gemeinsamer glücklicher Zeit, im Kampf vom Vergissmeinnicht auf der Schulter geschützt,fällt der Scheich schließlich doch und an jener Stelle ergießt sich ein Meer von Blumen über alle gefallenen Freunde und Feinde. Märchenerzählerin Ulla Konold, eigens für ihren Beitrag zur Literaturreihe aus Regensburg angereist, ließ bei eindringlichen Schilderungen Bilder entstehen, das Vergissmeinnicht in unvorstellbarer Größe wachsen oder sich in die goldene Schale kuscheln. Ein intensives Gefühlsleben entwickelt sich in spannender Handlung, übertragen durch ausdrucksstarke Stimme und Gestik, die sich auf die Hände konzentriert, die Gegenstände so plastisch modellieren, dass sie die Zuhörer in einen magischen Bann ziehen.
Dies geschieht auch bei der Erzählung über eine Kaisertochter, an deren Wunsch nach einer blauen Rose alle Verehrer mit noch so raffiniertem Bemühen scheitern, bis ein unbeschwert-heiterer Straßenmusikant das Kaiserreich auf den Kopf stellt. In dem sollten fortan weiße Rosen als blaue benannt sein, die nur im Herzen der Liebe zu finden sind.
Bilder, die das Herz berühren sind es, die Ulla Konold vermitteln möchte. Das Talent der Schauspielerin, von Ute Rauschenbach bei der Begrüßung angesprochen, sollte dabei weniger eine Rolle spielen, als das Erzählen "aus der Seele heraus". Das hatte zunächst bei den eigenen Kindern begonnen, hatte sich auf deren Freundes- und dann den Elternkreis ausgedehnt und schließlich die Theaterwissenschaftlerin und Dramaturgin selbst in einen solchen Bann gezogen, dass sie selbst in die Märchenwelten eintauchte und in Bad Windsheim bekannte: "Was ich bin, bin ich nur durch die Märchen." Sie seinen in einer Zeit der in rasender Geschwindigkeit zerbrechenen Werte "elementar wichtig", das Beste, das Eltern ihren Kindern geben könnten, schilderte sie das eigene Erleben beim Erzählen der Großmütter und die Bedeutung, die Märchen auch als Lebenshilfe für Erwachsene haben können, wenn diese für einige Zeit die Welt mit all ihren Beschwernissen hinter sich lassen. Psychologie und Philosophie setzten längst auf die "inneren Wegweiser zur eigenen Persönlichkeit".
Eigene Bilder zu schaffen und nicht dem Reizüberfluss optischer Informationen zu erliegen, ist das Credo von Ulla Konold, die trotz eines großen Repertoires an Märchen diese nicht sammelt. "Sie kommen mir entgegen". Beim Erzählen geht es ihr auch um die Bedeutung zwischen den Worten. Ein Stück weit eine besondere Form der Magie, aus deren Bann sich die Zuhörer so leicht nicht lösen mochten. Aber auch das ist als Beifall für einen Glanzpunkt in der Literaturreihe zu verstehen.
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